Vom gewünschten und ungewünschten Feiern

In Hannover wird des Sommers ganz viel unter freiem Himmel „gefeiert“. Kaum ist das Schützenfest zu Ende, kaum sind die ganzen überteuerten Sauf-, Fress- und Vergnügungsbuden auf dem Schützenplatz abgebaut, schon wird der hitlersche Maschsee mit Bühnen, Sauf-, Fress- und Vergnügungsbuden vollgestellt und das so genannte „Maschseefest“ findet statt. Und zwar so nah an einem Wohngebiet, dass etliche Menschen unter dem hohen Lärmpegel zu leiden haben, von der Verzierung der Radwege in der Südstadt mit Scherben zerdepperter Bierflaschen gar nicht erst zu reden. Dennoch, das ist das erwünschte „Feiern“, ein gutes Geschäft für viele.

Es gibt in Hannover auch das unerwünschte Feiern unter freiem Himmel. Dieses ist, wenn sich ein paar Leute einfach zusammentun, sich draußen fernab jedes Wohngebietes in der Nähe einer Schnellstraße treffen und dort einen kleinen, alternativen Rave veranstalten wollen. Dieses Feiern, das offenbar für die Besitzenden nicht ausbeutbar genug ist, ist in Hannover dermaßen unerwünscht, dass es durch einen robusten Einsatz der Polizei aufgelöst wird:

Nachdem die Teilnehmer der sogennanten Botellón in Hannover-Linden immer wieder von Polizeifahrzeugen umkreist wurden, teilweise von Polizisten Platzverweise erhielten und einmal eine in diesem Zusammenhang in der hannoverschen U-Bahn stattfindende Veranstaltung durch die Polizei geräumt wurde, scheint die staatliche Repression gegenüber unorganisierten und unpolitischen Nutzungen des öffentlichen Raumes weiterzugehen:

Der Rave, der letztes Wochenende auf der Dornröschenbrücke zwischen Linden und Nordstadt stattgefunden hat, wurde durch ein massives Polizeiaufgebot vorzeitig beendet. Wie bei den Botellón-Aktionen gab es keinerlei offizielle Berichterstattung über die Aktionen: Weder durch die Pressestelle der Polizei, noch durch die Tageszeitungen. Vermutlich will man keine Nachahmer anstiften und sich der aus der Berichterstattung resultierenden Diskussion über die Nutzung des öffentlichen Raumes entziehen.

Im öffentlichen Raum darf eben nur Verkehr und Geschäftemacherei stattfinden. Und damit auch niemand aus der breiten Masse den repressiven und lustfeindlichen Zug der totalen und totalitären Verwirtschaftung bemerke, wird das ganze Thema von der Milliardärspresse der BRD — in diesem Fall vom hannöverschen Madsack-Verlag — schön ignoriert und damit für die Mehrzahl der Menschen durch Verschweigen nichtexistent gemacht. Wie passend, dass der gleiche hannöversche Madsack-Verlag da mit beachtlichem Werbeaufwand versucht, auf der Schiene des Web Zwo Null zu fahren und die Menschen, die immer mehr ihrer Lebensmöglichkeiten beraubt werden, zu kostenlosen Content-Lieferanten für den Transport der Reklame zu machen. Name dieses tollen Projektes: My Heimat. (Und nein, dieser Name ist keine Satire!)

Kurz verlinkt (51)

Ohne Thematisierung der Medienbarriere ist die Mehrheit das Freiwild jener mit viel Geld und publizistischer Macht

Wer darüber verfügt, kann die öffentliche Meinung in weitem Maße prägen und damit auch bei Wahlen die politische Macht erobern. Wir erleben das in Italien, in Frankreich, bei uns. Es macht jedoch keinen Sinn, wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren. Man muss die Manipulation zulasten der Mehrheit zum Thema machen. Man muss die Medienbarriere, mit der als politische Partei oder als Bürgerbewegung zu kämpfen hat, wer gegen die großen Interessen angeht, zur Sprache bringen. Wenn das nicht gelingt, dann wird die so genannte bürgerliche Koalition, besser würde man sagen: die rechtskonservative Koalition aus Schwarz und Gelb einen großen Wahlsieg erringen.

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Abschalten nach Gutsherrenart

Wer ein kleines, aber politisches Blog in der BRD betreibt, der kann was erleben!

Zum Beispiel kann er erleben, dass der Server plötzlich überlastet ist. Bekanntermaßen ist jeder permanent mit dem Internet verbundene Computer ein „Opferrechner“, der beinahe in jedem Moment vielfältigen Angriffen ausgesetzt ist, die in ihrer Ernsthaftigkeit vom Kinderkram bis zur schweren Attacke gehen. Eine schwere Attacke ist zum Beispiel ein dDoS-Angriff, der zu einer Überlastung des Servers führt. Der Grund für die Überlastung eines Servers kann aber auch ein völlig anderer sein, zum Beispiel, dass gerade ein Inhalt von allgemeinem Interesse im Blog verfügbar ist, der viele Leser anzieht.

An sich ist in einem solchen Fall der Hosting-Provider für den Server zuständig — schließlich bezahlt man dafür. Dort hätte sich also jemand hinsetzen müssen, um die Ursache der extremen Last zu überprüfen und eventuell Gegenmaßnahmen einzuleiten. Zu diesen Gegenmaßnahmen kann eine vorübergehende Abschaltung ebenso gehören wie die vorübergehende Sperrung des Zugriffes für gewisse IP-Bereiche. Im Idealfall sollte der Hosting-Provider den Betreiber des Blogs mit einer kurzen, verständlich formulierten Mail auf den Sachverhalt aufmerksam machen. Bekanntlich geht ja jede Last irgendwann wieder vorbei.

Aber in der BRD, in der für Besitzende ein rechtsfreier Raum ist, während andere Menschen sich als rechtlose Bittsteller vor der gutsherrlichen Willkür hinstellen sollen, da sieht so etwas ganz anders aus. Zum Beispiel beim Womblog (Worte oder mehr), dass kürzlich vom Hosting-Provider völlig abgeschaltet wurde. Die dazu gegebene Begründung ist mehr als hanebüchen:

Kurz zur Info für Euch. Unser Provider hat uns kurzerhand vor “Die Tür gesetzt”. Seine Erklärungsversuche sind für uns nicht nach zuvollziehen. Erst einmal ist unser Womblog [Worte oder mehr] aus dem Netz verschwunden, aber nicht ganz. […]

Technische Probleme sollten von unserer Seite ausgegangen sein. Es wurde sich aber keine Mühe gemacht diese zu recherchieren. Eben Kundenfreundlichkeit naturell! Stört! Weg damit!

Eine formlose E-Mail, mit Datenanhang meines Accounts, dass war alles! Seht zu, wie ihr klarkommt. […]

Update: Angeblich hätte Womblog aufgrund irgendwelcher Plugins eine Serverauslastung von 800 Prozent erreicht, soweit die Aussage des Hosters, die um den Serverbetrieb aufrecht erhalten zu können, zur Löschung geführt hätten.

Nun ist diese Aussage nicht nachvollziehbar, da wir weder die Servertechnik kennen, noch ergründen können, ob es sich bei der genannten Auslastung tatsächlich um reguläre Zugriffe auf Womblog handelte.

Ein Blick in die Logfiles hätte Aufklärung bringen können, doch das hat der Hoster durch Löschung des Accounts verhindert.

Ich sags ja: Hanebüchen begründet und kalt serviert. Jede Möglichkeit einer Überprüfung vernichtet. Vertrag ist, wenn der Kunde zu glauben und sich zu fügen hat. So sieht das mit dem Internet in der BRD aus, und betroffen sind von solchen Willkürakten immer wieder politische Blogger.

Nur, um das mal angemerkt zu haben.

Das Womblog wird in den kommenden Tagen zu einem neuen Hoster umziehen, und zwar hoffentlich reibungslos. Bis dahin sind die älteren Beiträge unter http://www.testarea12.de verfügbar, bis auch dieser Teil mit gutherrenhafter Willkür von einem geldherrlichen Hosting-Provider aus dem Internet entfernt wird.

Wer in der BRD gerichtlich vor Satiren geschützt wird…

Abmahnanwalt von Gravenreuth ist Person der Zeitgeschichte. LG Frankfurt/Main hält Fotoveröffentlichung im Rahmen einer Satire dennoch für unzulässig.

Frankfurt/Main, den 15.07.09. Der in Frankfurt/Main ansässige Verein Nicht-Abzocken e.V. darf vorerst ein mit einem Augenbalken versehenes, etwa sieben Jahre altes Foto des Rechtsanwalts Günter von Gravenreuth, geb. Dörr, im Rahmen einer Satire nicht veröffentlichen. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom 25. Juni hervor, mit dem dieses eine zuvor erlassene einstweilige Verfügung bestätigte. Der Verein kündigte die Einlegung der Berufung gegen das Urteil an.

Der Nicht-Abzocken e.V. betreibt u.a. die Webseite www.affzockt.de, in der sich Autoren über im Volksmund so genannte „Abzocker“ in unterschiedlicher Form äußern können. Im Rahmen einer mit „Der Abmahnbär“ überschriebenen Satire hatte ein Autor auf der Webseite www.affzockt.de ein rund sieben Jahre altes, kleines Foto des Gesichts des Anwalts und Verfügungsklägers Günter von Gravenreuth veröffentlicht. Dieses war zu etwa einem Drittel mit einem schwarzen Augenbalken versehen. Das Foto war Bestandteil einer Fotomontage, die zwei Cartoonfiguren am Steuer eines Schiffes zeigte. Nach den Feststellungen des Landgerichts war Anwalt Gravenreuth zuvor wegen Betrugs und Untreue zu mehreren Freiheitsstrafen verurteilt worden, worüber auch in der Presse berichtet worden war. Die Presse hatte sich außerdem vielfach – überwiegend negativ – mit seiner Tätigkeit als so genannter „Abmahnanwalt“ auseinandergesetzt.

Das Landgericht Frankfurt sah Gravenreuth als relative Person der Zeitgeschichte an. Auf der Webseite des Nicht-Abzocken e.V. habe über den Anwalt wegen seiner fortgesetzten Abmahntätigkeit und einer erst jüngst gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe berichtet werden dürfen. Das streitgegenständliche Foto setze den Kläger nicht herab, erklärte das Gericht. Allerdings ergebe sich eine unzulässige Verunglimpfung des Klägers „aus der Einkleidung in den Textbeitrag“. Gegen den Textbeitrag hatte sich der Antrag des Klägers Gravenreuth allerdings gar nicht gerichtet.

Rechtsanwalt Dr. Arthur Waldenberger von der Kanzlei Waldenberger Rechtsanwälte, Berlin, der seit Jahren Unternehmen und Verbände gegen Abmahnvereine und Massenabmahner vertritt, kündigte namens des Nicht-Abzocken e.V. Berufung gegen das Urteil an. Es sei erfreulich, sagte Waldenberger, dass das Gericht Gravenreuth unmissverständlich als relative Person der Zeitgeschichte bezeichnet habe, die zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht werden könne. Allerdings habe das Gericht bei seiner Abwägung der widerstreitenden Interessen Wesen und Bedeutung der Satire verkannt. Es sei einer Satire zu eigen, dass Personen verhöhnt und verspottet würden. Dergleichen müssen in einer Gesellschaft, deren wesentlicher Bestandteil der öffentliche Meinungskampf sei, in weitem Umfang hingenommen werden Waldenberger verwies in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Berliner Kammergerichts zu der Politikerin Heide Simonis und auf die unlängst ergangenen Entscheidung des OLG München im Fall Jürgen Klinsmann. Der Nicht-Abzocken e.V. erklärte, er werde sein Recht auf Meinungs- und Kunstfreiheit energisch verteidigen.

Quelle dieses Hinweises auf den besonderen Rechtsschutz für beleidigte und hoch kriminelle Leberwürste ist Rotglut.org. Das wäre ja mal etwas ganz Neues in der BRD, wenn eine üble Juristenkrähe der anderen üblen Juristenkrähe ein Auge aushacken würde.