Klaus-Dieter Gröhler (CDU), stellvertretender Bezirksbürgermeister in Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin, hat eine besonders „sinnvolle“ Methode zur Qualitätssicherung in der Verwaltung gefunden. Na ja, „sinnvoll“ hat er die Methode selbst genannt, damit man sie nicht ganz so leicht so benennt, wie man sie nennen muss, nämlich „widerlich“, „hinterhältig“ und „gesetzwidrig“ (sollte der verlinkte Artikel „plötzlich“ aus der BZ verschwinden, hier ist eine lokale Kopie):
Wir haben am Freitag vergangener Woche diese Mail an unsere Mitarbeiter gesendet und sie gebeten zu reagieren. Die E-Mail war nicht fingiert, weil als Absender eindeutig unsere IT-Abteilung zu identifizieren war.
Nun, das Reden von „dieser Mail“ spiegelt nicht so ganz genau wider, was da auf Anordnung von Klaus-Dieter Gröhler gemacht wurde. Der Hintergrund „dieser Mail“ ist es…
[…] dass manche E-Mail-Anfragen an unser Amt wochenlang ungeöffnet bleiben oder nicht an die zuständigen Mitarbeiter weitergeleitet werden
…und da wollte Herr Klaus-Dieter Gröhler mal so richtig systematisch ermitteln lassen, bei welchen Mitarbeitern des Bezirksamtes die Mails so dermaßen langsam bearbeitet werden. Und weil das Bezirksamt denn doch ein paar Mitarbeiter mehr als nur einen hat, wurde auch nicht etwa nur eine E-Mail rausgesandt, sondern „ein paar“ mehr. Das geht ja in Herrn Gröhlers schutzbehauptungsreicher Rede von „der E-Mail“ ein bisschen unter, und gewiss ist so ein stellvertretender Bezirksbürgermeister auch sehr geübt darin, mit rhetorischen Nebelgranaten so einen richtig falschen Eindruck des Vorganges zu erwecken, aber das ändert nichts daran, dass es sich in Wirklichkeit (sollte der verlinkte Artikel „plötzlich“ aus der Berliner Morgenpost verschwinden, hier ist eine lokale Kopie)…
[…] 1500 Mitarbeiter des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf haben am vergangenen Freitag eine E-Mail erhalten, die sie bis zum 26. August beantworten sollten […]
…um 1.500 im gesamten Bezirksamt an ebensoviele Mitarbeiter versandte Kontroll-Mails handelte. Und alle diese Mails wurden nur zu einem Zweck versendet: Um zu schauen, ob sie auch wirklich von den angemailten Mitarbeitern so schnell bearbeitet werden. Denn Herr Gröhler, für die Informationstechnik im Bezirksamte zuständig, sorgt sich um „den Speicher“ [sic!]:
„Die Mails sind weder zur Bestrafung noch zur Reglementierung gedacht. Es geht auch nicht darum, wie schnell jemand antwortet“, sagte der für die Informationstechnik zuständige Stadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Im Speicher hingen jedoch etliche Mails von Bürgern, die persönlich adressiert sind, aber von den Mitarbeitern nicht geöffnet wurden.
Auf die an sich nahe liegende Idee, dass einige Mitarbeiter des Bezirksamtes vielleicht in Arbeit ersticken und deshalb nicht immer so rasend schnell und nebenbei alles abarbeiten können, wie dies etwa im gehobenen Dienst regelmäßig möglich ist, kommt jemand, der sich so rührend um „den Speicher“ sorgt, natürlich nicht. Warum sollte er auch? Ihm selbst wird gewiss gut zugearbeitet, damit sein Eingangskorb auch nicht überquillt. Und damit er wirklich völlig unbeleckt von jeglicher Kenntnis über die Situation der Mitarbeiter der Bezirksverwaltung handelt, lässt er einfach 1.500 Kopien einer Kontrollmail mit Fristsetzung bis zum 26. August für die Antwort in die Mailkonten der Mitarbeiter stopfen, um im Nachhinein auf Nachfrage ins Mikrofon zu sagen, dass es doch gar nicht darum geht, wie schnell diese Mails beantwortet werden, und das ganze auch mit ohne (sollte der verlinkte Artikel „plötzlich“ aus dem Tagesspiegel verschwinden, hier ist eine lokale Kopie)…
Auf Anfrage des Personalrats, der nichts von der Aktion wusste, wurde bestätigt, dass man auf Beschwerden von Bürgern reagieren wolle, wonach manche Mails nicht gelesen werden. Dies als technische Überprüfung zu tarnen, ist eindeutig hinterlistig.
…mal beim Personalrat nachzufragen, wie es denn zu den beklagten Verzögerungen in der Mailbearbeitung kommen könnte und was man tun könnte, um diese Situation zu verbessern. Aber dafür wenigstens mit mit einem hübschen kleinen Etikettenschwindel im Betreff der E-Mails, der so tut, als handele es sich bei dieser Kontrolle des Mitarbeiterverhaltens und der Antwortgeschwindigkeit um eine „technische Überprüfung“, ganz so, als gäbe es gar keine besseren Möglichkeiten, um die Technik des Mailservers zu überprüfen. Da muss man ja auch nicht extra den Personalrat aufmerksam machen, denn es geht ja bei dieser notdürftig getarnten Leistungskontrolle auch noch nicht um eine Disziplinierung der Mitarbeiter…
Den Personalrat habe man nicht eingeschaltet, weil mit der Aktion weder eine Bestrafung noch eine Disziplinierung verbunden sei, sagte er: „Das wäre ja erst der zweite Schritt.“
…die ja erst der „zweite Schritt“ einer solchen Maßnahme ist.
Was der so legalitätsignorant beflissen um Mitarbeiterkontrolle bemühte Herr Gröhler (CDU) da an tollen Ideen hat, das stößt auch beim Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte (SPD) — trotz seiner Illegalität — auf fröhliche Zustimmung:
Auch Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte (SPD) begrüßt es, dass nach den Ursachen dafür geforscht wird: „Als Arbeitgeber müssen wir schließlich darauf achten, dass auch die elektronische Post abgeholt und schnell bearbeitet wird.“
Na, und dass der Personalrat mal eben so übergangen wurde, das scheint diesem Menschen aus einer Partei, die sich „sozialdemokratisch“ nennt und zur besseren Dekoration ihrer p’litischen Show druchaus eine gewisse Nähe zu Gewerkschaften und zu Arbeitnehmerrechten pflegt, ziemlich wumpe zu sein. Der erste Mai ist ja auch schon ein paar Tage vorbei.
Es ist übrigens gut möglich, dass diese illegale Leistungs- und Verhaltenskontrolle ein juristisches Nachspiel bekommen wird. Der Personalrat unter der Leitung von Christine Reuter hat die illegale und hinterhältige Kontrolle des Herrn Gröhler vorerst stoppen können und strebt eine Klage an:
„[…] Das geht so nicht“, betont Reuter. Wenn es den Verdacht auf schwarze Schafe im Bezirksamt gäbe, hätte man eine solche Aktion vorher mit dem Personalrat besprechen sollen. Der Personalrat hat die Test-Aktion deshalb gestoppt. Reuter: „Wir haben einen Rechtsanwalt beauftragt, streben eine Klage an.“
Wie mir von Menschen mitgeteilt wurde, die etwas mehr von diesem empörenden Vorgang mitbekommen haben, war dem sauberen Herrn Vizebürgermeister vom ersten Moment seiner tollen Idee an klar, dass seine Anordnung rechtswidrig ist, und er wurde auch mehrfach darauf hingewiesen. Über derartige Einwände seiner Mitarbeiter — diese sollen unmissverständlich und deutlich gewesen sein — hat sich Herr Klaus-Dieter Gröhler allerdings einfach hinweggesetzt und dabei wohl gehofft, dass er mit dieser nicht nur verbotenen, sondern auch menschlich sehr schäbigen Nummer unentdeckt bleibt und schon irgendwie durchkommen wird.
Und auch bei einer jetzt bevorstehenden gerichtlichen Würdigung dieses Vorganges soll der stellvertretende Bezirksbürgermeister Klaus-Dieter Gröhler hoffen, irgendwie durchzukommen, indem er anderen Mitarbeitern der Verwaltung den Schwarzen Peter für seine persönlich bei vollem Bewusstsein der Illegalität dieses Vorgehens gegebenen Anordnungen zuschiebt.
Welche Mitarbeiter das sein werden? Das werden wir bald sehen. Der explizite Hinweis des Herrn Gröhler auf dem Absender „IT-Abteilung“ in den von ihm persönlich angeordneten Kontrollmails gibt vielleicht eine erste Ahnung, wer in die Pfanne gehauen werden könnte, damit so ein Typ mit gestörtem Verhältnis zur Menschlichkeit und Legalität seines Handelns auch ja keine Konsequenzen tragen muss. Ob er mit dieser Nummer durchkommt? Es steht zu befürchten.
Aber merken sollte man sich diesen Typen, diesen Klaus-Dieter Gröhler, schon.
Mittwoch, 18. August 2010
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