Glaubte ich bis eben noch, dass es eine eklatante Ungerechtigkeit ist, dass jeder Computerbesitzer in der BRD Geld für den Staatsrundfunk abdrücken muss, obwohl er gar nicht an die tägliche Gehirnwäsche kommt, so hat mich eben ein Passant eines Besseren belehrt. Nicht nur, dass jetzt jedem Menschen, der nebenbei auch noch für DSL bezahlen mag, eine so genannte „Mediathek“ mit den ganzen Schrottproduktionen zur Verfügung steht, nein, schon seit langem soll es die Möglichkeit geben, den Videotext der ARD auch über das Internet zu beziehen. Das musste ich mir gleich bei der nächsten Gelegenheit anschauen.
Und tatsächlich, die Dumpfmeister der deutschen Verblödungsindustrie haben es hinbekommen. Diese Fast-Food-Infohäppchen, die ursprünglich über die Austastlücke beim Fernsehempfang übertragen wurden, stehen nun auch als Website zur Verfügung. Endlich hat auch jemand wie ich, der fern der „Segnungen“ des BRD-Staatsfernsehens lebt, diese Kollektion von nachgerichteten Nachrichten der Tagesschau-Redaktion, geistlosen Sport-Meldungen, aus der Bildzeitung abgeschriebenem Tittitainment und Gesundheitsmeldungen direkt aus dem Reklameblatt der Apotheker, der Apotheken-Umschau, zur Verfügung. Da bemerkt man beim Überfliegen mal wieder so richtig, wie gut man ohne diesen ganzen Schrott leben kann.
Damit diese kleine Pflichtübung, die wahrscheinlich in erster Linie ein bisschen mehr die Gebührenpflicht für Computerbesitzer rechtfertigen soll und die erst in zweiter Linie als vernünftiges Angebot gedacht war, auch ja nicht zu unerwünschten Medienbrüchen führt, wurde auf jede zusätzliche technische Möglichkeit des Internet konsequent verzichtet. Es gibt kein Archiv und keine Möglichkeit, eine dortige Meldung dauerhaft zu verlinken, sonst könnte man ja mit Leichtigkeit eine kleine Stellungnahme dazu schreiben. Es gibt auch keinen RSS-Feed, damit man sich auch ja schön doof durch die Seite klicken darf. Von thematischen Feeds einmal ganz abgesehen… wir navigieren ja alle gern in einer Stuktur, die durch dreistellige Nummernkreise gebildet wird. Wenigstens wurde die Navigation etwas erweitert, und auf der linken Seite werden Links mit den Startseiten der jeweiligen Themengebiete angeboten.
Dafür haben die eifrigen Macher dieses Unfugs immerhin etwas JavaScript eingebaut, damit der Leser in der Titelzeile einer Meldung das ständig aktualisierte Datum und die Uhrzeit angezeigt kriegt, während so eine sinnvolle Information wie der zeitliche Stand der dargebotenen Meldung weggelassen wurde. Als ob man nicht auf jedem Desktop jedes nach 1985 geschriebenen, grafisch orientierten Betriebssystemes eine Uhrzeit anzeigen lassen könnte! Bei so viel hochkonzentrierter Sinnlosigkeit aus einer Redaktion, die fast jeder enthirnte Einwohner der BRD für „seriös“ hält, bleibt sogar mir ein bisschen die Spucke weg. Wie „schön“, dass in der Titelzeile der dort ausgespuckten Seiten zum realsatirischen Hohn auch noch der claim „Nummer 1 in Deutschland“ steht.
Wenn man also etwas zu einer Meldung dort schreiben will, kann man keinen Link setzen. Das bewahrt die vIdiot-Text-Redaktion des BRD-Staatsfernsehens wirksam davor, dass ihre Meldungen (und ihre oft sehr „kreative“ Grammatik und Rechtschreibung) im Rest des Netzes angemessen gewürdigt werden. Das ist schon ein bisschen schade, denn die von Medium Videotext erzwungene Kürze der Texte liefert einen ganz besonders genauen Einblick darin, was der Redaktion der Tagesschau bei der Aufbereitung der Meldungen wichtig ist und damit auch darin, in welcher Weise die Hirne in der BRD gebeizt werden sollen.
Nun gut, denn muss man eben den jeweiligen Kürzsttext, auf den man Bezug nehmen will, zum Download anbieten. Das will ich hier doch gleich einmal ausprobieren, um einen kleinen Eindruck von der Großartigkeit dieses Angebotes und der dahinter stehenden Redaktion zu machen.
Die Tafel 123 etwa, sie ging gegen 17:00 Uhr auf die Parlamentswahlen in Serbien ein. Wer das in seiner originalen Gestaltung bewundern möchte, kann einfach auf das kleine Bildchen auf der rechten Seite klicken. Der Text klang dort so, wie ich ihn in den folgenden Zitaten wiedergebe und mit kleinen Anmerkungen würze:
Hohe Wahlbeteiligung in Serbien
In Serbien zeichnet sich bei der Parla-
mentswahl eine Rekordbeteiligung ab.
Bis um 10 Uhr hätten bereits 10 % der
6,7 Mio. Wahlberechtigten ihre Stimme
abgebeben, erklärte die Wahlkommission.
Angesichts der Tatsache, dass in Serbien ein politisches Thema von relativ großer Wichtigkeit für die meisten dort lebenden Menschen auf dem Tisch liegt, ist eine hohe Wahlbeteilgung gar nicht überraschend. Denn die Frage, ob es eine Annäherung an die ausschließlich wirtschaftlich orientierte P’litik der Europäischen Union mit ihrer ganzen Ideologie der totalen Menschverwertung oder an die kulturell näher stehende russische P’litik geben soll, kann für jeden Einzelnen in diesem kleinen Land in Zukunft existenziell werden.
Bei der Wahl geht es vor allem um die
Frage, ob sich Serbien weiter an die EU
annähern oder sich abwenden soll.
Immerhin wurde das einmal kurz in einem Satz angemerkt. Aber wie irreführend! Und in aller Irreführung: Wie bewusst und gezielt!
Bei dieser Wahl geht es nämlich vor allem darum, welche Vertreter der p’litischen Kaste Serbiens in Zukunft die P’litik des Landes gestalten wollen. Es handelt sich keineswegs um so etwas wie eine Volksabstimmung über eine EU-Annäherung, sondern um den ganz normalen p’litischen Zirkus. Dass auch die Wahlwerbung in Serbien — genau wie in jeder anderen Mediendemokratur auch — wohl einen ganz anderen Eindruck von diesem Sachverhalt geben wird, ändert daran nichts. Da dort aber die verschiedenen Vertreter der p’litischen Kaste — anders als in der gegenwärtigen Parteiendemokratur der BRD — einmal völlig verschiedene Auffassungen in einer für viele Menschen wichtigen Frage haben, kommt es zu einem großen Interesse an den Wahlmöglichkeiten. Das mag daran liegen, dass die Menschen in Serbien noch so etwas wie eine Wahl haben, und genau das ist der Unterschied zu den Zuständen in den meisten Staatsgebilden der Europäischen Union.
Das Umfragen zufolge führende Anti-Eu-
ropa-Lager von Regierungschef Kostunica
will Serbien in ein enges Bündnis mit
Russland führen. Heimische Experten
hatten in diesem Fall vor einem Zusam-
menbruch der Wirtschaft gewarnt.
Dazu passend wird das p’litische Umfeld des gegenwärtig in der Demoskopie führenden Regierungschefs auch nicht als „EU-feindlich“ bezeichnet, sondern als „europafeindlich“. Russland gehört folglich gar nicht recht zu Europa. Und einer geographischen Lage gegenüber kann man auch eine Feindschaft entwickeln. Denn „Europa“, das ist für die so schreibende Redaktion nur jene Entdemokratisierung und Verachtung der Menschen, die sich gerade in den so genannten „Lissabonner Verträgen“ Bahn bricht. Klar, dass das Staatsfernsehen der BRD hier in hirnfickender Absicht die Begriffe durcheinanderwirbeln muss, denn genau das wird p’litischer Auftrag sein.
Typischerweise ist die einzige Argumentation für diese völlige Verwurstung und Entrechtung von Menschen eine wirtschaftliche. Wer aus Serbien wissen will, was das bedeutet, sollte einmal in aller Ruhe einen längeren Bummel durch die BRD machen und hier mit jenen Menschen sprechen, deren Stimme in den hirnfickenden Massenmedien verstummt.
Sonntag, 11. Mai 2008
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