Es ist ja „schön“, dass Google nicht einfach nur ein paar Suchergebnisse ausblendet, sondern auch noch eine kleine, unauffällige Meldung unterhalb der generierten Liste der Suchergebnisse anzeigt, die mir plump und proll mitteilt, dass ein paar Suchergebnisse eben nicht angezeigt werden:
Aus Rechtsgründen hat Google 1 Ergebnis(se) von dieser Seite entfernt. Weitere Informationen über diese Rechtsgründe finden Sie unter ChillingEffects.org.
„Schön“, dass darin auch ein Link ist, der weiter führende Informationen verspricht. Allerdings wird auch bei Google nicht jedes Versprechen gehalten, das auf einer Website gegeben wird, denn der gesamte Hinweistext lautet so:
Ihre Suche hätte in den Suchergebnissen einen Treffer generiert, den wir Ihnen nicht anzeigen, da uns von einer zuständigen Stelle in Deutschland [gemeint ist hier sicherlich die Bundesrepublik — der Autor] mitgeteilt wurde, dass die entsprechende URL unrechtmäßig ist.
Angesichts der Tatsache, dass die Nicht-Auflistung bei der zurzeit wichtigsten und meist benutzten Suchmaschine bedeutet, dass bestimmte Mitteilungen im Internet für die Mehrzahl der Menschen nicht mehr auffindbar sind, würden einige weiter gehende Informationen doch gewiss so manchen Menschen — auf jeden Fall mich — interessieren, beispielsweise die folgenden recht harmlosen Fragen zu dieser Situation:
- Wer sind diese „zuständigen Stellen“ in der BRD, die Google so wirkmächtig mitteilen können, dass eine URL „unrechtmäßig“ sein soll? Das Wort „zuständige Stellen“ klingt doch sehr… na ja… in kältester Weise die Wirklichkeiten der Machtausübung und Zensur verschleiernd.
- Reicht schon eine schlichte Mitteilung so einer „zuständigen Stelle“ der BRD, damit Google eine URL aus dem Suchergebnis und damit praktisch auch aus dem Internet ausblendet? Oder gibt es vielleicht eine kurze Überprüfung von Seiten Googles, um eventueller Willkür in diesem Verfahren Schranken zu weisen?
- Und was bedeutet dieser Nebelausdruck genau, dass die „entsprechende URL unrechtmäßig ist“? Handelt es sich um rechtsextreme Propaganda oder um Gedankengut, das der Völkerverständigung entgegen gerichtet ist? Das kann eigentlich kaum sein, denn solches Zeug findet sich mit Google immer noch recht leicht. Oder handelt es sich um harte Pornographie? Um Angebote für Kinderficker? Um Aufforderungen zu Mordanschlägen? Oder einfach nur um den Randbereich des Markenrechtes?
Ohne jede weitere Information bleibt hier ja doch ein Nachgeschmack zurück, der verdächtig an Zensur erinnert. Ich würde ja gern diesen Nachgeschmack beseitigen, aber ich habe schon einmal die ganz besondere Erfahrung der Kommunikation mit Google gemacht, wo Rückfragen mit dieser unnachahmlichen Mischung aus einer Anrede im persönlichen Du-Tonfall und mechanisch-geschäftstüchtiger Kaltschnäuzigkeit abgehandelt werden, so dass ich mich nicht noch einmal versuchen werde.
Je länger ich über diese — von vielen Menschen wahrscheinlich gar nicht bemerkte — „Kleinigkeit“ nachdenke, desto klarer wird mir, dass die bisherigen, zentral organisierten Suchmaschinen durch ein völlig anderes Verfahren ersetzt werden müssen, das nicht so leicht beeinflussbar ist. Es muss ein Verfahren der verteilten Suche her, das nach einem ähnlichen Prinzip wie Filesharing die Suche über ein großes und kaum beherrschbares Netzwerk verteilt. Das ganze Verfahren muss so entworfen werden, dass es den Beitrag des einzelnen Beteiligten verschleiert, resistent gegen staatliche und wirtschaftliche Zensur ist und ähnlich leicht zu benutzen ist wie eine heutige Suchmaschine. Darüber hinaus sollten in diesem Rahmen die technischen Maßstäbe für ein Ranking aufgegeben werden, an ihre Stelle sollte eine Bewertung der Seiten durch Leser und Benutzer dieser Recherche-Infrastruktur treten. Wenn ein solches Netzwerk für die verteilte Suche auch noch die Nebenfunktion einer Möglichkeit zum anonymisierten Surfen böte, wären die gegenwärtigen Datensammel-Fantasien des Berliner Regimes mit der Vorzeige-Gallionsfigur Schäuble zum Scheitern verurteilt.
Leider ist der Aufbau (und die ganze Programmierei) einer solchen Recherche-Infrastruktur — mit einer klassischen Suchmaschine hätte das nur noch wenig zu tun — sehr aufwändig, sowohl nach dem Maß der benötigten Zeit als auch nach dem Maß der dabei benötigten Geisteskraft. Vielleicht denke ich ja einmal weiter darauf herum, aber ich kann leider selbst nur recht kleine Leistungen zu einem solchen Projekt geben. Vielleicht finden sich ja andere Interessierte. Schon jetzt ist der Zeitpunkt absehbar, zu welchem die klassischen Suchmaschinen in immer größeren Teilen der Welt nichts anderes mehr liefern werden als die wirtschaftlich und p’litisch erwünschten Ergebnisse — es kann sich nur noch um ein paar Jahre handeln. Das Web würde unter solchen Bedingungen völlig seine Fähigkeit verlieren, die im jeweilgen staatlich-wirtschaftlichen Komplexe unerwünschte Mitteilung eines Menschen sichtbar und vielleicht auch wirkbar zu machen.
Ach ja, bevor jetzt jemand etwas komisches denkt: Mein Suchbegriff war kein p’litisches Schlagwort, wies keine Nähe zu Pornographie oder einem mir bekanntem Fetisch auf und wird auch keine Links auf „Raubkopien“ oder Anleitungen zum Bombenbau offenbaren können. Es war ein völlig normaler Begriff aus der deutschen Alltagssprache, ein neutrales, harmloses Wort wie „Wasser“. Es erscheint mir völlig absurd, dass unter meinem Suchbegriff irgendetwas zu finden sein sollte, was gegen geltendes Recht verstößt — man kann damit nicht schmuggeln, es ist etwas Wertloses und es ist nicht einmal giftig oder brennbar, geschweige denn explosiv.
Sonntag, 22. Juli 2007
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