Was für eine Erleichterung!

Es ist doch immer wieder schön, sich anzuschauen, wie die P’litkaste der BRD den Populismus nicht den Populisten überlassen mag und sich mit haarsträubenden Meldungen aus der zweiten Reihe in die Aufmerksamkeit der Medien zu katapultieren sucht. So zum Beispiel der bayerische Kultusminister Siegfried Schneider (CSU), der Erleichterungen für die Schüler sehen möchte. Da denkt man sich erst, das wäre ja toll. Vielleicht würden in Zukunft Kinder aus armen Verhältnissen ja nicht mehr gezwungen sein, die schlechtesten Bücher der Welt (Schulbücher, in der Regel außerhalb des Schulbetriebes völlig unbrauchbar) zu kaufen, um sie nach zwei Jahren wegzuwerfen, weil sie wegen der neuen Auflage mit einer Reihe trivialer (und keineswegs inhaltlicher) Änderungen im Betrieb der Beschulung nicht mehr brauchbar sind. Oder vielleicht könnte man den Beginn des Schulunterrichtes auch einfach mal auf eine Uhrzeit legen, zu der die meisten Menschen so einigermaßen aufnahmefähig sind — eine Verschiebung des Schulbeginnes auf 9:00 Uhr morgens würde gewiss die Ergebnisse der Schüler bei den Leistungskontrollen verbessern.

Aber nach solchen Dingen steht diesem P’litaffen nicht der Sinn. Das würde ja auch dem Sinn der Schule zuwiderlaufen, aus jungen Menschen lauter gleichartige Würstchen für die Abfütterung der industriellen Anlagen zu produzieren. Nein, dieses tapfere Schneiderlein ist der Meinung, dass die Schüler am Morgen nach den Spielen der BRD-Balltreter auf der kommenden EURO-Meisterschaft (ja, es geht dabei nur um Euronen und um sonst nichts) keine Klassenarbeiten schreiben sollen:

Kultusminister Siegfried Schneider sagte am Montag im Bayerischen Rundfunk: „Ich schreibe nicht vor, wann die Klassenarbeiten sind, aber ich appelliere an unsere Lehrkräfte, dass sie darauf Rücksicht nehmen.“ Viele Kinder wollten die Fußballspiele anschauen und kämen dann erst spät ins Bett. Zumindest am Morgen nach deutschen Spielen sollten die Lehrer auf Tests verzichten […]

Der unsägliche Videotext des BRD-Staatsfernsehens ARD hat hierzu einen noch anderen Ton gefunden. Um 20:30 Uhr stand auf der Seite 160 die folgende Meldung (diese Texte sind nirgends im Internet archiviert, so dass ich nicht auf etwas Dauerhaftes verlinken kann):

Keine Schulprüfung nach EM-Spiel?

Während der Fußball-Europameisterschaft
sollen am Tag nach Spielen mit deutsch-
er Beteiligung keine Klassenarbeiten
geschrieben werden. Dazu rief Bayerns
Kultusminister Schneider alle Lehrer im
Rundfunksender Bayern3 auf.

Schneider liegt damit auf einer Linie
mit der Bildungsgewerkschaft GEW. Man
könne bei einem Spektakel mit solch
einem Festcharakter nicht erwarten,
dass die Kinder früh ins Bett gingen,
sagte Bayerns GEW-Vorsitzende Angelika
Neubäcker. Das letzte Wort in der Ange-
legenheit sprechen aber natürlich die
Schulen selber.

Da ist man doch richtig erleichtert, dass den Schülern so erleichtert wird, am „Festcharakter“ dieses künstlichen und kommerziell überaus wertvollen Marken- und Nationaltaumel teilzuhaben. Vor allem, wenn dies völlig unverbindlich ist, weil die Schulen selbst das letzte Wort sprechen sollen. Schöner Populismus, den ihr da fabriziert in GEW und CSU!

Aber dennoch, es ist gewiss ein Schritt in die richtige Richtung. Ich finde, die Schulen sollten zusätzlich noch zur Erhöhung des Dressurerfolges kleine Flägchen austeilen, damit die Beschulungsfälle nach jedem Zwischen- und Endsieg der deutschen Recken und ihrer Pharmaberater in festlicher Stimmung das rechte Tüchlein schwenken können. Besonders empfehlenswert ist hier die Verwendung der inoffiziellen Flagge des Vierten Deutschen Reiches. Leider ist diese Fahne nicht in ausreichender Menge bei den Schulen verfügbar. Zum Glück kann man ein solches Fähnchen mit Leichtigkeit selbst herstellen, um es in den Wind zu hängen. Einfach das folgende Bild speichern (mit einem Klick gibt es das auch noch in besserer Auflösung)…

Die inoffizielle Flagge des Vierten Deutschen Reiches

…und damit zum nächsten Laden gehen, der T-Shirts und andere Stoffe bedruckt. Und da die Fahne auf ein weißes Stück Bettlaken oder etwas ähnliches ausdrucken lassen. So kann man in „festlicher“ Stimmung gut gelaunt seiner Freude über ein völlig unwichtiges Ereignis wie den Verlauf einer der größten kommerziellen Veranstaltungen der Welt angemessenen Ausdruck verleihen.

2 Kommentare

  1. …nur zu gut sind mir die verbote der lehrer in erinnerung, als die schueler sich fuer anti-irakkriegsdemos organisieren wollten. fußball geht vor schule, interesse und engagement fuer politik allerdings nicht.

  2. ein hoch auf das tittitainment und die neue radikal hedonistische weltordnung.
    brot und spiele für die massen und alles wird gut 😆


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