Detlef Rochner

Und wieder einmal ist ein der Marginalisierten der Globalisierung getötet worden — vordergründig durch eigene Hand, indem er in der zehnten Etage aus dem Fenster sprang und den Freitod wählte. Aus seinem Abschiedsbrief:

Da ich leider feststellen musste, dass man als Kranker oder Behinderter in unserem Staat, gerade unter Hartz IV kein würdiges Leben führen kann, habe ich mich entschlossen, meinem Leben ein Ende zu bereiten. Ich erhoffe mir, durch meinem Tod, meiner Familie einen Weg aus Hartz zu ermöglichen. Vielleicht schaffen Sie es jetzt (ohne mich) ihren Traum vom Pferdehof und einer unabhängigen Lebensführung umzusetzen. Ich wäre als 2. Pflegefall nur eine zusätzliche Belastung und ein bürokratisches Hindernis! Durch diesen Schritt habe ich nur dem logischem Verlauf meines Lebens ein wenig Zeit geraubt.

Es gibt eben viele Möglichkeiten, einen Menschen zu töten, wie Detlef es auch auf seiner Website dokumentiert hat. In einem seiner letzten Einträge heißt es:

Meine Bemühungen, die Menschen zu mehr Geschlossenheit zu bewegen, sind absolut gescheitert. Selbst einfachste Möglichkeiten zum Zusammenschluss (für den Kampf gegen Sozialraub) werden ignoriert und mit eigenen Interessen überspielt. Die Profilierung eigener Internetpräsentationen, scheint wichtiger zu sein, als ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Daher habe ich es aufgegeben, immer und immer wieder das Selbe zu pinseln und auf ein Einlenken der armen Bevölkerung zu hoffen. In Deutschland will man nur bedauert und getröstet werden, statt sich gemeinsam gegen den Sozialraub zu wehren. Mir persönlich tut es nur sehr weh, wenn ich die Folgen für unsere Kinder sehe. Doch diese Folgen werden von der Mehrheit unserer Bevölkerung ignoriert.

Diese Erfahrung kann ich aus meinem Leben nur bestätigen — allerdings ist bei den meisten Opfern des gegenwärtig über die Gesellschaft ablaufenden Prozesses aus meiner Beobachtung noch eine ganz andere Ursache ihrer scheinbaren Gleichgültigkeit fest zu stellen, sie haben ganz einfach Angst. Dieser mit extremer Unlust verbundene Affekt führt zu diversen Rationalisierungen, weil ausgerechnet in Deutschland, vielleicht dem Land mit der ängstlichsten Bevölkerung, das Sprechen über persönliche Ängste ein Tabuthema ist.

12 Kommentare

  1. […] Wut! […]

  2. Soziale Markwirtschaft mit Nebenwirkungen

    Es ist schwierig, spontan die richtigen Worte zu finden. Wut. Trauer. Nichts, was sich wirklich zum Schreiben, zum Formulieren eignet. Detlef Rochner ist nicht der erste Tote, und er wird auch nicht der Letzte sein.Vielleicht hilft es wenigstens, Ihn zu

  3. Ein weiterer Mauertoter, dem sicher nie institutionalisiertes Gedenken zu Teil wird. Wer heute den „freien Westen“ sucht muss ins Wasser gehen …

  4. […] diesen noch nahe legen. Ich will jetzt aber nicht abschreiben, darum verlinke ich auf den Wutblog: Artikel zu Detlef Rochner […]

  5. Da ich Ihn gut kannte und zu schätzen gelernt habe durch seine Kämpferische Art die er an den Tag legte,war ich von Traurig und zugleich sehr Wütend.Er hatte bis zu Letzt gekämpft,und hatte dann sich zurück gezogen weil die Masse der Sozial benachteiligten sich einfach nicht wehrten und so wie er Kämpften bis zum Schluss,und das obwohl er Familie hatte und selbst Gesundheitliche Probleme.Ich kannte keinen der es so gut verstand Menschen die Augen zu öffnen.Er schrieb unter anderem auf meinem Portal geniale Artikel,die den Nagel der Zeit mitten ins Herz getroffen haben.Er schreckte auch nicht davor zurück,Tacheles zu reden.Er hatte keine Angst!

    Ich würde mir wünschen das wenigstens aus seinem Tod die Menschen begreifen was Hartz IV , Behinderung und Armut bedeutet!!!!!!!!!!!

    Und sich endlich alle zusammentun den das wäre sein Größter Wunsch gewesen!!!

    Ich bin in Tränen aufgelöst.

    In Tränen Aufgelöst; weil ich einen guten Journalist und Vorbild verloren habe.

    In Tränen Aufgelöst,weil Detti einer der größten Kämpfer war.

    In Tränen Aufgelöst weil,das System mal wieder einen Toten mehr zu beklagen hat!

    Ich würde mir wünschen,das jetzt wenigstens sein größter Wunsch in Erfüllung gehen würde,und zwar der Zusammenschluss aller gegen dieses

    Mörderische System,das immer mehr Opfer zu beklagen hat!

  6. Gewiß, jeder Selbstmord ist bedauerlich.

    Nur- der Mann war Frührentner und kein ALGII Empfänger.
    Und das Leben genommen hat er sich wegen seiner gesundheitliche Probleme.

  7. Öffentliche Antwort an Blogwart von Podkill.de – Alexander Kampschulte

    Also ich bin schon erstaunt darüber , das sich jemand überhaupt Gedanken macht über meine geschriebenen Beiträge.Das wäre und ist ja durchaus als Positiv anzusehen.Nur das war es auch dann schon mit dem Positiven , zu mindestens auf seiten von Ale…

  8. Öffentliche Antwort an Blogwart von Podkill.de – Alexander Kampschulte

    Also ich bin schon erstaunt darüber , das sich jemand überhaupt Gedanken macht über meine geschriebenen Beiträge.Das wäre und ist ja durchaus als Positiv anzusehen.Nur das war es auch dann schon mit dem Positiven , zu mindestens auf seiten von Ale…

  9. ffentliche Antwort an Blogwart von Podkill.de – Alexander Kampschulte

    Also ich bin schon erstaunt darüber , das sich jemand überhaupt Gedanken macht über meine geschriebenen Beiträge.Das wäre und ist ja durchaus als Positiv anzusehen.Nur das war es auch dann schon mit dem Positiven , zu mindesten…

  10. […] in denen überlegt wird, wie man die Politik besser machen könnte, während um uns herum Menschen Selbstmord begehen, weil sie nicht mehr weiter wissen. Was wir im Moment in vielen Städten brauchen, sind […]

  11. Wir sozial benachteiligten haben (leider nicht nur mit Detlef) ein Opfer zu beklagen. Das System das diese Opfer gefordert hat, bejubelt dies…. „endlich wieder ein Schmarozer weniger.“

    Sicher sind es zahlenmäßig wenige die den Freitod wählen, aber immer noch zu viele und da ist jeder ein Verlust. Was mich mehr als das umtreibt sind die die an unserem Sozialstaat verrecken, durch Unter- oder Mangelernährung, durch schlechte med. Versorgung, durch Hürden einen Arzt oder Medikamente zu bekommen, durch Ausgrenzung und damit Einsamkeit usw…. still & leise vor ihrer Zeit abtreten, besser so abgetreten werden wie man sie zuvor versucht hat zu instrumentalisieren, zu benutzen und so deren Leben abgespult hat.

    Diese Menschen Sind MORDOPFER, wahllos dahin gemordet um die unersättliche Gier weniger befriedigen zu können.

    Auch wenn Detlef’s Traum noch auf sich warten lässt, so hoffe ich doch sehr dass sein Freitod mindest einen Tropfen auf das Fass gebracht dass erst überlaufen muss ehe esin diesem Lande (hoffendlich bald) knallt.


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