Nachtrag zu Bauernglück

Meine beiden Kommentatoren Joker und EinNiemand haben völlig recht gehabt mit ihrer Kritik an meinem Text „Bauernglück“ (der übrigens auch an anderer Stelle veröffentlicht wurde): Das so genannte QS-Prüfzeichen für Fleischprodukte ist keine Erfindung eines Werbers im Auftrage von Aldi, sondern eine Werbemaßnahme der CMA, die zusammen mit Unternehmen der Lebensmittel-Industrie ins Leben gerufen wurde.

Ich lasse meinen Fehler zu meiner Schande stehen. Ich war einfach nicht gewillt, nach einer Standard-Abkürzung wie QS zu googlen, um mir in den erwarteten Treffern die Finger wund zu klicken.

Was ist diese obskure CMA nun? Das erfährt man einfach durch Auflösung der Abkürzung. Es ist die „Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft GmbH“, also eine Gesellschaft, deren wichtigster Zweck Marketing ist. Und Marketing, das ist zu gut Deutsch Werbung. Reklame, die in der Regel so beschaffen ist, dass sie der „Zielgruppe“ Sand in die Augen streut. Eine dieser Reklamemaßnahmen ist das „QS-Prüfsiegel“, um das es in der Aldi-Werbung so wortvoll und inhaltsleer ging.

Nähreres über dieses „Prüfsiegel“ erfährt man bei der Label-Datenbank. Die folgenden Zitate stammen aus dem verlinkten Artikel, der übrigens eine gute Zusammenfassung dessen gibt, was die Werber im Auftrag der institutionaliserten Nahrungsmittelerzeuger auf der offiziellen Homepage dieses „QS-Prüfzeichens“ so geschickt verstreut haben, dass wohl den meisten Menschen auf Informationssuche schnell die Lust am Weitersuchen vergeht. Das ist schade, denn sonst würden sie ja bemerken, um was es bei diesem Prüfzeichen eigentlich geht. Aber das ist offenbar von den Prüfzeichen-Machern nicht beabsichtigt…

Es geht dabei nämlich unter anderem um die Einhaltung der in der BRD gültigen gesetzlichen Vorschriften:

  • Kennzeichnung der Tiere (Ohrmarke) und Führung eines Bestandsregisters.

Was für eine Zusicherung! Jedes als Schlachtvieh verwendete Fleischzwecktier ist auf diese Weise gekennzeichnet.

  • Verzicht auf antibiotische Leistungsförderer in der Mast.
  • Vollständige Dokumentation des Medikamenteneinsatzes im Betrieb (Bestandsbuch).

Dies sind nach meinem Kenntnisstand (Landwirte dürfen mir gern mit besserem Wissen widersprechen) bindende gesetzliche Vorschriften in der BRD.

  • Stallhygiene nach „Guter fachlicher Praxis“.

Diese „gute fachliche Praxis“ ist es übrigens, was von Tierrechtlern durchaus zutreffend mit einer Form der Folter verglichen wird. Selbst, wer eine derart deutliche Ausdrucksweise nicht schätzt, muss nach dem Besuch der nächst gelegenen Schweinegroßmast eingestehen, dass es sich bei der „guten fachlichen Praxis“ nicht gerade um artgerechte Haltung der Fleischzwecktiere handelt.

  • Die Haltungsvorschriften für Tiere müssen eingehalten werden (z.B. Beleuchtung, Stallklima und -temperatur)
  • Salmonellenmonitoring bei Geflügel in Verbindung mit Schlachtbetrieben.
  • Einhaltung der Düngeverordnung durch Vorlage des Nährstoffvergleichs.

Ich weiß, ich wiederhole mich wie so ein Werber: Dies sind nach meinem Kenntnisstand (Landwirte dürfen mir gern mit besserem Wissen widersprechen) bindende gesetzliche Vorschriften in der BRD.

  • Ausbringung von Wirtschaftsdünger erfolgt entsprechend der Richtlinien der guten fachlichen Praxis.

Ach, hier haben wir wieder die „gute fachliche Praxis“. Dieser Begriff dient einmal mehr dazu, mit einem „Gütezeichen“ gut zu sprechen, was in der industrialisierten Agrarwirtschaft alles jeden Tag betrieben wird. Na, von einer Werbefirma wie der CMS erwarte ich auch gar nichts anderes als solchen Zynismus und Sprachmissbrauch.

  • Nachvollziehbare Warenfluss- und Herkunftssicherung der Schlachttiere.

Und noch einmal wiederhole ich mich wie ein Werber: Dies ist nach meinem Kenntnisstand (Landwirte dürfen mir gern mit besserem Wissen widersprechen) eine bindende gesetzliche Vorschrift in der BRD.

  • Nachweis über die Verwendung und Verwertung von Schlachtabfällen und Risikomaterial.

Aha, „Schlachtabfälle und Risikomaterial“ können also „verwendet und verwertet“ werden, wenn es nur nachgewiesen wird. Gut das zu wissen. Wie diese „Verwendung und Verwertung“ wohl aussehen mag?

  • Durchführung von BSE-Tests bei allen Rindern ab 24 Monaten.
  • Korrekte Entfernung des Risikomaterials.
  • Einhaltung der Haltungs-, Tiertransport- und Betäubungsvorschriften bei der Schlachtung.

Ich weiß, es ist ziemlich ermüdend, aber so weit ich weiß, handelt es sich hier um geltende gesetzliche Vorschriften in der BRD…

Eine „schöne“ Industrie, deren Vertreter so einen Werbeschwindel nötig haben! Mit einem extra dafür ersonnen „Qualitätssiegel“ zeigen, dass sie auch wirklich nicht kriminell handeln. Als ob irgendein Krimineller eingestehen würde, dass er kriminell ist. Aber immerhin, es gibt noch eine zusätzliche, unabhängige Kontrolle, dass hier wirklich nicht kriminell gehandelt wird. Das scheint man ja bei der Lebensmittelherstellung für erforderlich zu halten. Ob das wohl daran liegt, dass die staatlichen Kontroleure in der BRD zu bestechlich sind? Ganz großes Kino!

Und es geht in der Liste noch weiter mit dem ganz großen Kino — in der folgenden Zusicherung, in der eine Tierart nicht erwähnt wird.:

  • Verzicht auf auf die Verarbeitung von Gehirn und Rückenmark von Schweinen.

Gehirn und Rückenmark von Rindern kann man ja ruhig „verarbeiten“, wie es hier so schön heißt. Das ist ja völlig unschädlich. Vor allem, weil Tiere, die älter als 24 Monate geworden sind, einen BSE-Test machen müssen. Und jüngere Tiere sind gewiss keine Prionenträger.

Da sind wir aber alle ganz beruhigt, wenn wir unsere Grillbratwurst essen. Es ist schließlich kein Schweinehirn drin.

Und wenn man mal davon absieht, dass es eine zusätzliche Auszeichung über das gesetzliche Minimum hinaus gibt…

  • Kennzeichnung der Produkte über gesetzliche Anforderungen. Auflistung aller verwendeten Zusatzstoffe.

…besteht doch der größte Teil der Anforderungen für die „ausgezeichneten“ Tierleichen darin, dass man beim Verkauf als Nahrungsmittel keine Gesetze bricht. Einiges nimmt schon ein paar Regelungen vorweg, die demnächst erst zum Gesetz gemacht werden, aber ansonsten geht es einfach nur darum, nicht kriminell zu handeln.

So muss zum Beispiel auch die richtige Kühlung gesichert werden:

  • Durchführung von Maßnahmen zur Einhaltung der Kühlkette (z.B. Temperaturregistrierung sämtlicher Kühl- und Tierkühleinrichtungen.

Das ist doch sehr tröstlich. An sich sollten Landwirte und Verarbeiter für die Einhaltung dieser „Qualitäts“-Kriterien damit ausgezeichnet werden, dass sie im Gegensatz zu den Volksvergiftern nicht im Gefängnis landen. Aber die Realität in der BRD sieht nun einmal etwas anders aus.

Genug davon, sonst werde ich noch richtig zynisch, wenn ich diesen Zynismus widerspiegele. Ich wollte eben schon schreiben, dass eine gute Kühlung die Verfärbung von verdorbenem Fleisch für längere Zeit aufhalten kann… 👿

Zum Glück erfährt der geneigte Leser auch, warum es dieses tolle „Prüfzeichen“ gibt:

Das QS-Prüfzeichen wurde von Unternehmen der Futtermittelindustrie, der Landwirtschaft, der Fleischwirtschaft, der Fleichwarenindustrie, des Lebensmittelhandels gemeinsam mit der CMA entwickelt. […] Das QS-Prüfzeichen wurde von Unternehmen der Futtermittelindustrie, der Landwirtschaft, der Fleischwirtschaft, der Fleichwarenindustrie, des Lebensmittelhandels gemeinsam mit der CMA entwickelt.

Ja ja, alles klar, es ist reine Reklame. Da hat man irgendwann festgestellt, dass die blöden Kunden mit an sich gutem Grund das „Vertrauen“ in gewisse industrielle Produkte verloren haben, und denn hat man die Werbetrommel gerührt. Ein Prüfzeichen musste her, das zusichert, dass man wenigstens die gesetzlichen Regelungen einhält und diese Einhaltung auch durch einen betrieblichen Prozess sichert. Als ob das keine Selbstverständlichkeit sein sollte!

Und als die blöden Kunden auch noch „Bio“-Fleisch haben wollten (gibt es eigentlich „nichtbiologisches“ Fleisch?), da musste man ja auch irgendwie werbend reagieren, um wieder die Produkte der Massentierhaltung und der industriellen Fertigung von Nahrungsmitteln verkaufen zu können. Diese Aufgabe überließ man Werbern. Diese hatten sich also der Aufgabe zu entledigen, eine „Qualität“ mit Hilfe einer Werbemaßnahme zuzusichern.

Deshalb enthält dieses „Prüfsiegel“ auch keinerlei Anforderungen an eine artgerechte Tierhaltung und an einen einigermaßen artgerechten Transport der Fleischzweckviecher. Auch der weite Bereich der Gentechnik wird von allen Kriterien für dieses „Siegel“ einfach ausgelassen. Schließlich müssen diese „Qualtitätskriterien“ ja auch für die großen Mastbetriebe leicht und mit geringstem Kostenaufwand einhaltbar sein.

Es ist also klar, dass die Werber im Auftrag von Aldi doch lieber über den Inhalt dieser QS-Kriterien geschwiegen haben. Wenn sie in ihrer monströs großen Reklame etwas mehr Inhalt gebracht hätten, wäre mir wahrscheinlich nicht einmal aufgefallen, das da etwas faul sein könnte…

Und weiterhin einen guten Appetit!

6 Kommentare

  1. Der Laden heißt nicht CMS, sondern CMA, und er hat QS nicht erfunden. Die CMA ‚lebt‘ von Steuergeldern und ‚Zwangsabgaben‘ der Landwirte, was DIE auch nicht gerade mögen. Über die Qualität der Werbeaktionen kann man zudem uneins sein …

    Daß man Schweinehirne nicht verarbeitet bedeutet NICHT, daß man andere (von Rindern) dagegen nutzt.

    Mit den QS-Kriterien wurden erstmalig Standards für die komplette Kette von der Futtererzeugung über die Tierhaltung, -schlachtung und Fleischvermarktung (BTW: auch für andere Dinge wie Obst&Gemüse) festgelegt. Daß es sich dabei (teilweise) um geltendes Recht handelt dürfte nur Dich verwundern. Alle Kriterien sind in der Diskussion/optimierung und werden über eine Vielzahl zusätzliche nationaler und EU-Gesetze und Verordnungen ergänzt. Normal, zumindest für einen Landwirt …

    Wenn Du nicht weißt, was ‚Gute fachliche Praxis‘ (GfP) bedeutet solltest Du nicht gleich ’nach Gutdünken‘ unterstellen, sondern lieber mal wieder googeln. Es gibt die GfP für alle Bereiche der Landwirtschaft und sie wird – wiederum – durch entsprechende Gesetze & Verordnungen in ihren Mindeststandards festgelegt.

    Offenbar geht es Dir – getreu dem blog-title – darum Dampf abzulassen. Nurzu. Lass auch diesen Text im Netz und belege damit (ieL) Deine Inkompetenz – oder mach Dich schlau bevor Du schreibst. Servus!.

  2. Zu Joker: Kennst Du nicht die Standardausrede des eifrigen Schreibers: Wenn ich das alles lesen würde, hätte ich ja gar keine Zeit mehr zum Schreiben… 😉

  3. Aber etwas Lustiges gibt es doch noch zum Nachtrag auf den Nachtrag. Ich habe mal eben zum Beleg meiner Inkompetenz vor mir selbst nach ‚GfP‘ gegoogled, und was kriege ich als ersten Treffer? Grün floreszierendes Protein. So in den Bereich der Alltagssprache scheint diese Abkürzung wohl nicht zu gehören, dass man sie unter den ersten 25 Google-Ergebnissen findet. Dann gestehe ich mir auch gern selbst das Recht ein, davon keine Kenntnis zu haben, ohne dass ich mich gleich ungebildet fühle.

    Übrigens: Die Aldi-Werbung bleibt eine Schrott-Werbung. Und ein „Prüfsiegel“, das im Wesentlichen gesetzliche Standards sichert, ist vielleicht recht werbewirksam, aber auch etwas schrottig. Die Pflaumen, die ich mir heute von einem Baum auf dem Weg gepflückt habe, trugen keinerlei Siegel und Auszeichnungen, sind aber geschmacklich allen käuflichen Pflaumen überlegen, die mir bislang in den Mund gekommen sind.

  4. […] ** Das QS-Siegel trägt bspw. auch die Frischfleischmarke “Bauernglück” von Aldi. (…) […]

  5. Naja soviel zum Thema…

  6. ich will eine erklärung über das Halal etiket mehr nicht

    mit feundlichen grüssen


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